Donnerstag, 22. November 2007

Kamakura Trip


Anfangs dieser Woche machten meine Mitstreiter Maru und Fips und ich uns auf zu unserem ersten Kurztripp, der, wie hätt's auch anders sein können, sein Ziel in der alten Shogun-Hauptstadt Kamakura fand. Seit ich letztes Jahr ein paar Tage dort verbracht habe, bin ich in dieses kulturreiche Städtchen, das gleich am Meer liegt, verliebt und konnte es kaum erwarten, wieder etwas Strandluft zu schnuppern; wobei es ja leider (eigentlich) schon viel zu kalt ist um baden zu gehen, was aber weder die einheimischen Surfer vom Surfen ("the salty dogs"), noch uns von einem Fussbad abgehalten hat.

Obwohl wir uns morgens in der Früh von der Uni aus auf den Weg machten, haben wir nicht das ganze Tagesprogramm, das wir uns zuvor aufgestellt hatten, geschafft, gibt's doch an jeder Ecke einen Tempel, einen Schrein, einen Souvenirshop, einen Konbini, etwas zu essen oder auch einfach einen hübschen Japaner, der angeschaut werden muss. Aber genau deswegen haben wir uns auch drei Plätze in der Kamakura Hase Youth Hostel reserviert, in deren Richtung wir uns nach einem langen Fussmarsch, zig Tempelbesuchen und noch mehr Fotos (Ich räche prinzipiell jeden Japaner, der vor dem Matterhorn steht und wild um sich knipst) dann auch wendeten. Japan ist ja bekanntlich das Land der aufgehenden Sonne, und genauso früh, wie die Sonne sich morgens über den Horizont hebt, geht sie leider auch wieder unter; wir hatten jedoch das Glück, genau rechtzeitig zu einem wunderschönen Sonnenuntergang den Strand zu erreichen (mittlerweile muss ich wohl schon einige Japaner am Matterhorn gerächt haben).

Nach kurzen, aber emotionsvollen 10 Minuten war das Spektakel dann aber zu Ende und wir suchten unsere Bleibe auf. In der Youth Hostel empfing uns ein sehr aufgestellter, sympatischer Herr in den 50ern (Papifaktor 8.5 auf einer Skala von 1-10) zusammen mit seiner eher verschlafenen Ehefrau (Mamifaktor 2.3 auf einer Skala von 1-10). Die Einrichtung erinnerte sehr an ein Schweizer Berghaus, war doch alles aus stabliem Holz und roch angenehm heimelig. Ausserdem waren wir, bis auf einen Australier, die einzigen Gäste und Maru und ich waren in dem Zimmer mit Namen "Heidi's Zimmer" einquartiert (mam erinnere sich, WIR SIND HEIDI).

Später verliessen wir unser Quartier wieder um in einem Restaurant etwas zu essen und das Kamakura-Nachtleben noch etwas auszukosten; wobei es aber leider nichts auszukosten gab, stellte sich das Städtchen nach Sonnenuntergang doch als ziemlich verschlafen heraus. Wir besorgten uns daher aus einem Konbini noch etwas Süsses und setzten und eine Weile in einen kleinen Park vor dem Bahnhof. Dort wurden wir auch wieder Zeuge einer kleinen, aber wunderlichen japanischen Gepflogenheit, die da lautet, dass man nicht im Gehen rauchen soll. Aus diesem Grund versammelte sich nach jedem angekommenen Zug ein kleines Grüppchen schlotender Japaner um die Aschenbecher in der Raucherzone im Park, standen wir einzelne Rebstöcke zwei Minuten dort und verschwanden dann wieder.
Auf dem Nachhauseweg schlenderten wir dann wieder der Küste entlang und natürlich kam, was kommen musste, nämlich das nächtliche Plantschen im Meer. Auf Grund der Kälte bliebs aber nur bei den Füssen und, dank dem Wellengang, auch nassen Hosen, aber das soll ja angeblich auch gesund sein, oder nicht?

In der Youth Hostel wieder angekommen war dann das japanische Bad, bei dem man sich zuerst abduscht und dann in eine heisse Badewanne einsteigt, auch genau das, was unsere beanspruchten Glieder gebraucht haben und wir konnten den Abend in aller Ruhe ausklingen lassen.

Am nächsten morgen dann wieder um 07.30 Uhr Tagwacht, herzhaftes japanisches Frühstück (Tofu, Misosuppe, Reis, Kakifrucht & süssen Kuchen), Abschied vom netten Ehepaar (nicht ohne das Versprechen, wieder zu kommen) und auf zu den Tempeln, die wir am Tag zuvor nicht geschafft hatten.

Gegen Mittag, als in der Gruppe langsam ein Überdruss an Buddhas, Kannon-Statuen und japanischer Gartenkunst zu vernehmen war, begaben wir uns auf den Nachhauseweg und betraten gut zwei Stunden später wieder vertrautes Unigelände; naja, so vertraut auch wieder nicht, denn hier ist diese Woche das Unifest voll im Gange, wo alle 26 Sprachen Spezialitäten aus ihren Ländern anbieten, Konzerte, Theater und andere Aufführungen zum Besten gegeben werden und ab und an auch ein männlicher Student in einer Mädchen-Schuluniform zu erspähen ist (ja, es gibt ein Drag Queen Theater). Das Schulfest ist ziemlich bekannt, Besucher kommen von überall her; langweilig wirds daher sicher nicht werden dieses Wochenende.

Naja, bis 6 Uhr, denn dann geht die Sonne unter und das Unigelände gleicht dem nächtlichen Kamakura, verlassen also. Solange, bis am nächsten Tag die Sonne wieder aufgeht und die Baseball-Jungs ihr Training beginnen.

Donnerstag, 15. November 2007

Wenns um Käse geht, versteht man keinen Spass

Jaja, wie schnell sind doch zwei Wochen vorbei zwischen Hausaufgaben, Essen kochen, einkaufen, Käsefesten, Karaoke und Weihnachtsstimmung. Aber hier bin ich mal wieder, zwar etwas heiser vom heutigen 2-Stunden-Karaoke-Marathon, aber das tut bei einem Blog-Eintrag ja zum Glück nichts zur Sache.
Zuerst möchte ich gleich meinen neuen Mitbewohner vorstellen: sein Name ist Baba und seit gut zwei Wochen hält er mich nachts kuschelig warm. Genau, die Rede ist von meinem neuen Idakimaruka (Umarmkissen), das ich in der Babyabteilung des Nitori, der japanischen Ikea, gefunden habe und natürlich sofort mit nach Hause nehmen musste. An den leuchtenden blauen Weihnachtssternen fürs Fenster konnte ich natürlich auch nicht einfach vorbei gehen, bin ich mich doch die glänze Weihnachtspracht meines Daheims in Zürich gewohnt. Somit bin ich also das Zimmer mit der blauen Prolo-Beleuchtung geworden.
Weihnachten ist unübersehbar am Kommen, haben doch die Geschäfte am 1.11 die Halloweengoods gleich mit Weihnachtskram ersetzt; wobei es ja eigentlich fraglich ist, wieso die Japaner, meistens Buddhisten und Shintoisten, über Weihnachten einen solchen Tumult veranstalten und mit Freuden in Samichlaus- oder Rentier-Kostüme schlüpfen. Vielleicht einfach ein weiteres Ergebnis der schon fast krankhaften Vergnügungssucht, die die meisten Japaner dazubringt, jede Gelegenheit zu feiern auch zu ergreifen?
Anyway. Dieses Wochenende war ich mit Rui und Takuya in Roppongi. Unser Ziel: Die Cheese Festa! Geködert von den angeblichen Probierhäppchen und der Hoffnung, eventuell an etwas Schweizer Importkäse zu kommen, war dieser Ausflug schon länger in Planung. Dort angekommen wurden wir aber mit einem ziemlich unerwarteten Problem konfrontiert: ein Raum rammelvoll mit kleinen, aggressiven, schubsenden, Ellbogen einsetzenden Japaner und Japanerinnen höheren Alters, die alle grierig Richtung die ohnehin schon knapp vorhandenen Käsehäppchen drängelten. Tapfer wagten wir uns in die bewegende Masse, doch nach nicht allzu langer Zeit hätten wir alle drei gut den Ersatznerv brauchen können, den meine Mutter weislich vorn an ihrem Pult liegen hat. Wer hat gesagt Japaner seien immer zuvorkommend? Definitiv gelogen! Was ich da auf diesem Schlachtfeld der Käsehäppchen angetroffen habe, war angsteinflössender als manch anderes, das ich schon gesehen hab...

Wieder draussen wurde der Drang nach etwas Süssem über diesen Schock unüberhörbar, worauf wir uns auf machten zu einer ziemlich speziellen Eisdiele. Nicht nur kannst du dir dein Eis aus x-verschiedenen Sorten und Beilagen selbst zusammen stellen, nein, du kriegst auch noch ein Ständchen gesungen von den Staffs, während sie dir dein Eis auf einer kalten Platte zurechtmischen. Auch wenn die Staffs in den ersten paar Sekunden, als sie ohne jegliche Warnung die Geschäfts-Hymne anzustimmen begannen, einen ziemlich kritischen Blick meinerseits ernteten (laut Takuya), fühlte ich mich beim Verlassen der Diele wirklich fröhlicher; genau so, wie es ihre Werbung verspricht!
Jaja, Roppongi ist ein interessanter Ort, der neben dem Tokyo Tower, der üppigen Weihnachtsbeleuchtung und dem HardRock Cafe auch noch viele Ausgangsmöglichkeiten bietet, die zwar meist etwas teurer sind (für japanische Verhältnisse, versteht sich), dafür aber immer hip und modern. Wird weiter verfolgt.

Ach ja, was ich nicht vergessen darf zu erwähnen: heute hab ich im T-Shirt auf der Terasse unserer Cafeteria etwas im Sonnenschein geräkelt. Was hiess es noch, wie kalt ist es in der Schweiz?
Bei solch schönem Wetter kann ich übrigends auch den Fujisan, Japans grösster Berg und Stolz der ganzen Nation, sehen. Für einen Immobiliemmarkler wäre das ein Grund eine Wohnung gleich nochmals teurer zu vermieten, wird doch jedem Japaner gleich ganz natürlich warm ums Herz, wenn er die weisse Spitze des Fujisans erblicken kann. Von dem her hab ich also beste Aussichten!