Hallihallo, meine geschätzten Leserinnen und Leser, hier ist wiedermal ihre Erzählerin live aus Japan, die, nachdem sie den ersten Prüfungsansturm zwar mehr schlecht als recht, aber trotzdem überstanden hat, endlich mal wieder etwas Zeit findet mit ihren aufgedunsenen Berichten aus ihrem im Moment ziemlich spektakulärlosen Leben in der Ferne zu berichten (4 Zeilen, 1 Satz, dass soll mir mal einer nachmachen!). Hier auch gleich noch ein grosses Dankeschön für das Stückchen Heimat, das ich gestern im Austauschstudenten-Zentrum abholen durfte!
Während ich mich also ernsthaft zusammenreissen muss, dass ich nicht gleich alle Guetzli auf einmal verschlinge, sondern schön rationiere, damit ich mich ein Weilchen daran erfreuen kann und auch meine Freunde noch daran Teil haben können, möchte ich nun gerne über einige Beobachtungen und Erkenntnisse von kleinen Kuriositäten des nipponischen Völkchens, auf deren Insel ich mich befinde (im Volksmund auch als "Japaner" bezeichnet), berichten.
Was, ihr geht schon seit 2 Jahren miteinander aus und ich hab nichts bemerkt??
Japanische Männlein und Weiblein verhalten sich anders als schweizerische Männlein und Weiblein. Ob dieser Unterschied ihren Ursprung bei den hiesigen Bienen findet, kann ich zwar nicht zurückverfolgen, ABER er ist definitiv vorhanden, denn anders als bei uns, scheint es hier eine sehr private, wenn nicht peinliche Angelegenheit zu sein eine Liebesbeziehung zu führen. Auf dem Kampus sieht man nie, wie sich zwei Menschen küssen, umarmen oder Hände halten, ja, Päärchen scheinen gar nicht existent (Ich habe aber aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass es sie doch gibt!). Mit wem du zusammen bist, ist Privatsache, das geht andere nichts an, besonders nicht die, die dich kennen. So kann es also vorkommen, dass es in deinem Freundeskreis ein Päärchen gibt, von dem du nicht den blassesten Schimmer hast (so einer hiesigen, japanischen (!) Freundin von mir geschehen, ich verweise auf den Titel dieses Abschnittes). Von deinen Klassenkameraden gesehen zu werden, wie du mit deinem Freund/deiner Freundin vertraulich bist (z.B. umarmen und Begrüssungkuss), ist peinlich und zu unterlassen. Händchen halten geht also an Orten, wo dich keiner kennt, etwa dem Ausgangsviertel Shibuya oder Shinjuku, aber ganz sicher nicht an der Uni, da könnte ja das Gerede losgehen. (bei Ausländern ist der Fall jedoch wieder anders, wir dürfen anscheinend küssen wann, wo und soviel wir wollen, da wir ja zuhause auch öffentlich unsere Affektion gegenüber unserem Partner ziegen und es sowieso nicht besser wissen).
How are you - Ausländer sprechen alle Englisch
Erspäht der durchschnittliche Japaner ein westliches Gesicht in der Menge, ist der Fall schon klar: Du bist Amerikaner und sprichst natürlich Englisch. Wie, es gibt auch Westler, die nicht Englisch sprechen? Du bist doch Ausländer, also hast du gefälligst Englisch zu sprechen!
So jedenfall erscheint es mir, wenn ich wieder mal die Zielscheibe eines alten, hartnäckigen Inselbewohners geworden bin und als lebende Englisch-Konversations-Übung herhalten muss, obwohl ich dem Herrn doch schon einige Male in relativ schönem Japanisch mitgeteilt habe, dass ich ja eigentlich kein Englisch verstehe (was ja nicht wirklich der Wahrheit entspricht, was uns aber nicht zu kümmern braucht). Selbst auf der Uni wird nach einem freien Stuhl mit "May I?" gefragt, der Billetkontrolleur sieht wohl das an mich gerichtete "Thank you" als willkommene Abwechslung und die Schülerinnen rufen stolz ein "Hello!" zu uns herüber. Trotz Helvetica-Pullover, Militär-Gürtel und Schweizer-Rucksack scheint meine Herkunft dem Grossteil der Leute nicht einleuchtend zu sein; ich bin einfach eine Ausländerin und Ausländer sprechen prinzipiell mal alle Englisch.
Extreme-Recycling
Es gibt zwar wenig Mülleimer in Japan, aber wenn du tatsächlich mal einen gefunden hast, stehst du nicht vor einem simplen Abfalleimer, nein, sondern vor einer halben, vielleicht auch ganzen, Entsorgungsstelle. Der Standart ist meist ein Eimer für brennbaren Müll, einer für Nicht-Brennbaren, einen für Dosen, dann für PET und für "anderes". In der Mensa haben wir zusätzlich noch einen für Essensresten und einen für Flaschen. Was kommt aber nun in welchen Eimer? Über dies nachsinnend habe ich schon so manche Augenblicke vor den verschiedenen Mülleimern gestanden, bis ich mich dann endlich entschieden habe, was etwa wo hin kommen könnte. Das Tetrapack ist Brennbar, dessen Strohhalm kommt aber in Nicht-Brennbar. Das Preisschild am Shirt ist Brennbar, das durchsichte Halterchen aber Nicht-Brennbar. Jedoch ist die Art zu trennen überall verschieden und jede Stadt hat ihre eigenen Regeln. Im Heimatort eines Freundes zum Beispiel gehört die PET-Flasche zwar ins PET, davor musst du aber das Papier rund um die Flasche abziehen (da brennbarer Müll), den Deckel wegnehmen (Plastik) und zum Schluss auch noch das runde Plastikding um den Flaschenhals, dem wir normalsterblichen Umweltsünder ("nicht lieb zur Erde") nur in Momenten der Langeweile Beachtung schenken, abknobeln, bevor du dich der Flasche entgültig entledigen kannst.
So, meine Zeit wird langsam knapp und die Guetzli sind auch schon alle. Mehr von den lieben Japanern das nächste Mal!
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1 Kommentar:
so wie wir lesen und hören gefällt es Dir noch immer in Tokyo. Du erlebst doch eigentlich fast täglich aus unserer Sicht "Neues". Deine Tanten, Grosi's, Urgrosstante, unsere Kollegen, Gäste und Kunden würden alle gerne wieder einmal von Dir zu lesen haben. Also bis bald
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