Heute morgen begannen natürlich, trotz christlich oder zumindest europäisch abgesegnetem Ruhetag, wieder die Lacrosseerinnen, AmericanFootballPlayer und Fussballjungs pünktlich um 8 Uhr mit ihrem Training. Nach einer guten Viertelstunde Rebellismus meinerseits gegen die in mein Zimmer hallenden Anspornrufe, gab ich dann doch nach und stand auf. Erleichtert konnte ich auch feststellen, dass die gestrige Party des "Clubs for Foreign Exchange" keine unangenehmen Nachwirkungen wie Kopfweh oder Übelkeit hinterliess und machte mich daher zur Abwechslung mal ans Zimmeraufräumen.
Um 11 Uhr traff ich mich dann mit Maru, Prea und Ju, alles Mitstreiterinnen und treue Kumpaninen, wenns ums Fangirlen von japanischen Schauspielern geht, welche, wie einige von euch vielleicht schon mitbekommen haben, meine grosse Leidenschaft sind. Jaja, die japanischen Idols - von den Frauen verehrt, den Männern beneidet. Alleskönner auf der Tanzfläche, hinter dem Mikrophon und vor der Kamera. Jung, dynamisch, gutaussehend. Auf jedem Plakat an jedem Pfosten. Auf jedem Werbekanal und in jeder 2. Fernsehsendung - Das sind sie. Das sind die "Johnnys" (benannt nach der Agentur "Johnny's Entertainment", bei der sie versklavt, oh, entschuldigt, unter Vertag stehen).
Gut. Auf zum Johnnys Fanshop in Harajuku, mit dem Zug etwa 1 Stunde entfernt, wohin wir uns auch alsbald auf den Weg machten. Kurzer Stop in Shibuya um auch noch Mine, eine weitere Fangirl-Kameradin, aufzuschnappen. Und dann endlich sind wir da, beim langersehnten und viel erträumten offiziellen Fanshop unserer Lieblinge. ABER - noch sind wir nicht drin. Ich möchte daran erinnern, dass wir hier in Japan sind, dem Land der ungeschriebenen, doch bedingungslos akzeptierten Ordnung. Und ausserdem gibt es erwähnenswert viele japanische Frauen, die samstags zu diesem einen offiziellen Besabbern antreten wollen. Was heisst das also für uns? - Hinten anstellen. Und der Laden ist noch nicht mal in Sichtweite.
40 Minuten lang werden wir nun Zeugen eines hoch organisierten Treibens. Drei männliche Shop-Staffs reihen die Mädchen (und den einen Vater, der wohl für seine Tochter ein Geschenk kaufen wollte) fein säuberlich durch einen Platz hintereinander auf: Bitte in 4er Reihen zusammenstehen, Bitte alle etwas mehr auf die linke Seite, Jaaaa genau, Wir danken für ihre Kooperation. Ganz vorne steht eine Frau, die alle 10 Minuten ein paar Mädchen abzählt und sie in eine Seitengasse zum Ort des Begehrens führt. Da stehen wir also, 5 Gaijin (Ausländer) inmitten 50 Japanerinnen, aufgereiht neben dem Gehsteig und fragend beäugt von den Passanten, die keinen blassen Schimmer haben worum es eigentlich geht. Und dann ist es soweit: unser Grüppchen rückt nach vorn zur Frau. Die erzählt uns nun das, was sie an diesem Tag wahrscheinlich schon dutzende Male runtergerattert hat: Der Shop hat zwei Stockwerke, aber sie sind im Ersten eingeteilt. Gehen sie nicht in den zweiten Stock, dort werden genau die selben Dinge verkauft. Verhalten sie sich ruhig während sie im Laden sind. Nehmen sie Rücksicht auf die anderen, die auch etwas kaufen wollen. Wenn sie fertig sind, entfernen sie sich wieder, gehen sie nicht in den zweiten Stock. Ok ok, wir habens verstanden. Aber sie muss das sagen, wahrscheinlich spricht sie ja aus Erfahrung, da Fangirls tatsächlich eine Tendenz zu Gekreische, Rumgeschubse, Wutausbrüchen oder/und Panikattacken haben, wenn es um ihr Lieblingsidol geht. Mit etwas weichen Knien und Herzflattern gehts nun auf zum Shop: Ein Raum, vielleicht etwas grösser als eine Wohnstube, vollgespickt mit Originalfotos hübscher Männer. Am Eingang natürlich nochmals ein Staff, der die Käuferinnen daran erinnert, Ruhe zu bewahren. Und Fotos machen verboten. 20 Minuten später, 5 Fotos reicher und 750 Yen ärmer komme ich dann wieder raus aus dem Laden, in dem der Wahnsinn herrscht; und auf dessen Tüte geschrieben steht: "It's always best in Johnny's entertainment world. Enjoy yourself and have fun! fun! fun!"
Jaja, viel habe ich gelernt heute über die lieben Japaner!
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