Montag, 11. August 2008

Ja, aso de Schwiiz, da seit mer das so...

Seid gegrüsst und Salvete, hier meldet sich die aus dem Schreibkoma mal wieder erwachte Japan-Erobererin live aus Tokyo, Fuchu-shi, Asahi-cho, TUFS International Hall 1, Room 308. Viel zu lange habe ich meinen Blog vernachlässigt, seis nun wegen Prüfungswochen, ByeBye- und Afterparties, Ausflügen oder einfach Faulheit, doch dem sei nun ein Ende gesetzt. Dieses Tagebuch wird nun aus der Schublade heraus genommen, entschaubt und mit einem nagelneuen Eintrag blitzeblank poliert!! Oder so in der Art...


Das Deutsche Dialekte Modul
Wie der Name ja schon vermuten lässt, dreht es sich auf der Fremdsprachen Universität Tokyo ja vorallem um, ja genau, Fremdsprachen. Mit 28 verschiedenen Lehrgängen bietet diese Uni japanweit das am breitesten gefächerte Repertoire an Sprachen an und so ist es auch nicht verwunderlich, dass da auch Deutsch dazu gehört (das übrigens neben Englisch einer der Beliebtesten Studiengängen ist). Doch jeder, der schon mal den Fuss auf schweizer oder östereichisches Territorium gesetzt hat, weiss, dass Deutsch nicht gleich Deutsch ist. Darauf sind auch schon die hiesigen Professoren gekommen, weswegen sie im Internet das "Deutsche Dialekte Modul" eingerichtet haben, das aus kleinen Filmchen von alltäglichen Konversationen auf Schweizerdeutsch und Östereichisch bestehen sollte. Als erster Schweizer-Abgesante an der Uni wurde ich dann auch gleich von Narita-Sensei, einem Deutsch-Lehrer der Uni, angesprochen und so kam es, dass ich für schweizerdeutsche Skript der Dialoge verantwortlich wurde (genauso wie Fips für die östereichischen). Die Aufgabe war eigentlich ziemlich einfach, hatten wir dich schon ein Hochdeutsches Skript als Vorlage, das wir einfach in unsere jeweiligen Dialekte übersetzen sollten. Aber da auch Schweizerdeutsch nicht gleich Schweizerdeutsch ist, hab ich von anfang an korrekt angekündigt, dass in der Schweiz eigentlich jeder so spricht, wie's ihm grad passt und es alles andere als eine einheitliche Sprache ist. Ausserdem sollte ich eine Spraceh niederschreiben, die nicht zum niederschreiben gedenkt ist. Schreib ich jetzt im Schweizerdeutschen für das Wort "Danke" auch Danke? Oder Dankä? Dankke? Dankkä? Merci? Messi?Ist es Tschau oder Ciao? Uf Wiederluege oder Uf Wiederluägä? Grüäzi oder Grüezi?
Nachdem mir Narita-Sensei dann aber mit einem "Tu's einfach, wie du es für richtig empfindest" ziemlich viel Freiheit liess, ging das Ganze ziemlich schnell über die Bühne (umgerechnet übrigens mit einem Stundenlohn von ca 600 Fr./Std. o.O).
Kurz nach Abschluss der Übersetzung kam mein inzwischen durch komplizierte japanische Office-Emails ganz lieb gewonnener Narita-Sensei noch mal an; es gäbe da dann ja auch noch die Toaufnahme. Aha, ok. War zwar nicht zur Sprache gekommen vorher aber ist ja keine grosse Sache. Schnell noch Doris, die andere Schweizerin an der Uni, überredet mit zu machen und es könnte losgehen. Während eines letzten Treffen mit Narita-Sensei vor dem Aufnahme-Termin, kam dann jedoch aus, das es sich nicht nur um eine Tonaufnahme handle, oh nein, wir würde da ja auf Video aufnehmen, damit die Schüler da auch was zu sehen haben. Aber natürlich war das nicht Narita-Senseis Idee, sondern die eines Vorgesetzten. Die Verantwortung für gewisse, unveränderbare Sachlagen von sich weg auf Übergeordnete zu schieben scheint allgemein sehr beliebt in Japan, weil es sich dann ja um jemand Höheres handelt und man da nichts zuwiderhalten kann.
Und so kam es, dass man Doris und mich jetzt auf der TUFS Homepage im Deutsche Dialekte Modul bestaunen kann. Und dank Fotos, die ich von Melody und meiner Mutter geschickt bekommen hab, unterhalten wir uns sogar vor schweizer Kulissen.


Link: http://www.coelang.tufs.ac.jp/modules/de/


Die Fuck-Me-Pig Geschichte
Wie einige vielleicht schon mitbekommen haben, sind Purikura, die Fotoboxen, es ein grosses Hobby der Germanen-Fraktion. Und so geschah es, dass eines Tages, zwar ohne mich, aber mit Dan aus Australien, ein legendäres Purikura geschossen wurde; legendär deswegen, weil es verziert war mit dem Fuck-Me-Pig, einer pinken Schweine-Frau mit laszivem Blick in roter Unterwäsche. Kurze Zeit nach dem Machen dieses Purikura kam aus, dass Dan aus persönlichen Gründen verfrüht in die Heimat zurückkehren wird. Fips kam dann auf die grandiose Idee, ihm ein echtes Fuck-Me-Pig als Abschiedsgeschenk zu basteln. Im Laden kaufte er sich ein passendes Stofftier-Schwein, aus pinken Minni Maus-Boxershorts, die ich ihm aus dem Disney Sea mitgebracht hatte, schneiderte er gekonnt Damen-Unterwäsche und mit Geschenkband machte er dem Schwein noch blonde Haare. Das Ergebnis war ein fabulöses Fuck-Me-Pig-Stofftier und natürlich hat sich Dan auch riesig darüber gefreut.


Das fertige Fuck Me Pig

Das Schwein durfte zusammen mit Stitch als Handgepäck reisen

Dan's Abreise

Montag, 16. Juni 2008

In Fukuoka auf Kyushu


Industrieviertel am Meer, Sicht aus dem Shinkansen















Vom 2. - 6. Mai trat die germanische Fraktion, die da das Gefühl verspürte mal aus dem Grossstadtdschungel raus zu müssen, wieder in Aktion und shinkansen-te sich ins südliche Kyushu, wo wir, im wahrsten Sinne des Wortes reif für die Insel, ein paar Tage Sonne, Strand, Shopping und sogar ein bisschen Kultur geniessen konnten. Angenehmerweise wurde uns auch ein exklusiver Tourguide und Fukuoka-Kenner, nämlich Maru's bester Freund Matthias, zur Verfügung gestellt, womit sich das elendige Kartenlesen und Umherirren so ziemlich erübrigte.
Während sich Maru also bei Matthias einnistete, hatten Fips und ich uns ein Zimmer in einem Ryokan, einem japanischen Hotel, gebucht, das sich auch als Volltreffer herausstellte, da das mit Tatami belegte Zimmer geräumig, das Bad schön traditionell gehalten und die Ausicht auf den japanischen Garten im Innenhof einfach cool war.

Japanisch eingerichtetes Hotelzimmer

Die Woche, in der wir uns in Fukuoka aufhielten, wird japanweit "Golden Week" genannt und bezeichnet eine Reihenfolge von nationalen Feiertagen und ist für die arbeitende Bevölkerung Japans eine der wenigen Gelgenheiten im Jahr, auf Reisen zu gehen. Sprich, ganz Japan war gleichzeitig mit uns in Bewegung und es gab dementsprechend auch viele Leute, die auf die selbe glorreiche Idee gekommen waren und sich in die Hauptstadt Kyushus begaben. Das war aber akzeptabel, denn in der Stadt selbst findet dann jedes Jahr ein riesiges, mehrtägiges Matsuri (Volksfest) statt, worin sich die Menschenmassen gut verteilten. Und uns lieferten all die Spezialitäten- und Fressbuden jeden Tag eine gute Plattform fürs Abendessen^.~

liebevoll künstlich angebaute Strandzonen



Am Dontaku-Matsuri

Fukuoka by night. Am Flussufer reihen sich die Fressbuden des Matsuri

Da wir ja schon mal in der Gegend waren, entschlossen wir uns auch für einen Tagesausflug nach Nagasaki, wo wir und neben dem Epizentrum der Atombombe und dem Friedenspark und Dejima anschauten. Dejima war früher mal eine Insel vor der Stadt (die mittlerweile jedoch aufgeschüttet worden ist), auf der im 16. Jahrhundert vorallem holländische Händler lebten und damals den so ziemlich einzigen Kontakt Japans zur Aussenwelt darstellte. Die Händler durften allerdings nicht ohne Erlaubnis von der Insel in die Stadt hinein und waren allgemein ziemlich eingeschränkt in ihrem Tun und Handeln (man bedenke, Ausland = anders = gefährlich).
Heute ist Dejima natürlich eine Touristenatraktion, und neben dem Atombomben-Park das einzig Sehenswerte der Gegend. Die Stadt an sich ist, ganz im Kontrast zu Hiroshima, dreckig, heruntergekommen und ungepflegt.
Fukuoka hingegen ist jeden Besuch wert und war für uns Megapolis-Stadtkinder genau das Richtige nach all den Prüfungen der Uni.

Epizentrum der Atombombe von Nagasaki

Statue für Frieden und gegen Atombomben (ein Finger gen Himmel in Anspielung auf die Bombe, den anderen gen Zukunft)

In Japan faltet man Kraniche für die Atombomben-Opfer

Auf Dejima - Wir erobern zurück!

Donnerstag, 8. Mai 2008

April Memoiren

Ok, hier die epischen Berichte vom April☆


ONE OK ROCK
Als ich von Romy hörte, dass sie sich Karten für das ONE OK ROCK Konzert in Osaka kaufen wird, konnt ich natürlich nicht anders als ebenfalls ein Ticket anzuordnen und mir teuere Shinkansen-Tickets in die Stadt der Takoyaki zu leisten.
Am 11. 4. Freitag morgen besuchte ich wie gewöhnlich meinen Unterricht, das an diesem Tag zum Glück nur bis halb Elf dauerte. Nachmittags 2 Uhr stieg ich dann am Tokyo Bahnhof in den "Nozomi", den schnellsten der 3 Shinkansen, um 3 Stunden später dann in Osaka von Romy in Empfang genommen zu werden. Nach einem kurzen Kaffee zusammen mit Yuki gings dann um 19.00 Uhr auf zum Klub, in dem das Konzert stattfand. Natürlich war der Raum vollgestopft mit Japanern und da die Veranstalltung, wenn auch ausverkauft, verhältnismässig doch recht klein war und die Band ebenfalls noch mehr Insider als was anderes, fielen wir natürlich auf wie bunte Paradiesvögel. Nach 2 Stunden hüpfen, Arme wippen und mitschreien, waren wir beide zwar ziemlich müde, aber befriedigt. Ausserdem konnten wir beim Rausgehen noch 2 weitere Gaijin (Ausländer) ersprähen (ganz offensichtlich mussten das auch Austauschstudenten sein).
Danach machten wir uns auf zu Romy's Wohnheim, wo ich netterweise übernachten durfte. Am nächsten Morgen ging's um halb Zwölf dann in Osaka wieder auf den Shinkansen Richtung Heimat (in diesem Fall Tokyo). Alles in Allem also ein wunderbarer Kurztripp, der zwar Geld gekostet hat, ich aber in keinster Weise bereue.


Arabian Rock
Am 26. kam Romy im Gegenzug zu mir nach Tokyo, wo wir uns zuerst ein bisschen in der Stadt rumtrieben und uns abends dann mit Kyota und 2 Bekanntschaften aus der Schweiz, nämlich Eiko und Nori, trafen. Mit denen ging's ab ins Arabian Rock in Shinjuku, ein weiteres Themen-Restaurant (sogar von der selben Firma wie Alcatraz). Wie der Name schon vermuten lässt, ist die Einrichtung abendländisch angehaucht, die Angestellten tragen arabische Kleidung, als Hintergrundmusik läuft der Aladdin Soundtrack und um reinzukommen, musst du an der Dschini-Lampe reiben (welche Ehre natürlich Romy zustand, die an diesem Tag Geburtstag hatte). Als wir während der Bestellungsaufnahme dann noch gefragt wurden, ob jemand innerhalb von 3 Tagen Geburtstag hat oder hatte, konnten das sowohl Romy als auch ich bestätigen, worauf wir gebeten wurden, unsere Namen doch zu buchstabieren. Warum? Haha, Theman-Restaurant + Geburtstag = Service, der diesmal zum Glück nicht auf eine Szenerie wie damals im Alcatraz hinauslief, sondern der aus einem kleinen Japaner in einem riesigen Dschini-Kostüm bestand, welcher uns beiden eine kleine, mit Namen verzierte Torte und Champagner vorbei brachte.
Da wir an dem Abend etwas zu lange sitzen geblieben waren, verpassten wir den letzten Zug, weswegen Kyota, Romy und ich uns ein Taxi schnappten und bei mir, in meinem kleinen Zimmerchen, zu dritt übernachteten (natürlich haben wir Mädels den etwas angetrunkenen Kyota auf den Boden verbannt).




Am nächsten Tag machten Romy und ich Harajuku noch unsicher, da mal wieder Sonntag war und Romy doch die tanzenden Elvis-Opas und Live-Bands nicht verpassen durfte. Am späteren Nachmittag machte sich mein Besuch dann aber wieder auf nach Osaka und das Wochenende war schon wieder vorbei.




Geburtstag
Schon 1 Woche vor meinem eigentlichen Geburi hatte ich schon die ersten Karten und Päckchen bekommen und auch jetzt noch, 1 Woche später, fliegt immer mal wieder was in den Briefkasten. Ich hab ja schon vorhin als das Päckchen-Monster gegolten, aber jetzt bin ich es ja noch vielmehr! (So zum Beispiel ein Freund von mir: "Esther, ich hab dich heute morgen mit einem Päckchen auf dem Arm gesehen. SCHON WIEDER.") Hier also all meine Dankeschöns:
Melanie Pretz: Danke für die süsse Karte, sie kam als erste aller Grusskarten an!!
Familie Condarin: ....einfach TOLL *love* Danke euch! Und auch ein Danke an Jon Marco für die Kartengestaltung!
Grosi A: Merci für deinen lieben Brief und den Zustupf! Die nächste Post aus Japan kommt bestimmt!
Tante Hedi: Auch die vielen vielen Dank für die Karte und den Batzen!
Götti, Mone, Päde, Jasmin & Bettina: Daaaaanke für das tolle Päckchen, die Schokolade wurde brüderlich auf dem Mittagstisch verteilt.
Mum & Dad: Auch euch (mal wieder) danke für das Päckchen, die Oberteile sind cool und die Bratensauce kommt wohl morgen zum ersten Mal zum Einsatz.
Edith: Merci vielmals für das weisse Oberteil!!
Bigi, Turi, Nadja & Nina: Der rote Puli ist toll, danke euch viel mals! Und für die Kerzen war's zwar ein bisschen zu spät, aber die finden sicherlich noch gebührenden Einsatz ^.~
Schwöschterherz und Brüederschmerz: Danke für die Exrta-Karte mit dem Schoggiherz^^
Sarah: Messi vielmal für deinen lieben Brief und die süsse Kette! Ich hab auch vor, bald zurückzuschreiben!^^° Auch einen Gruss an Beni!

So, nun zu meinem Geburi hier selbst, der eigentlich extrem ruhig verlaufen ist, was mir aber ganz recht war. Tagsüber hatte ich Uni und am Abend ging ich mit Maru und Fips in der Gegend etwas essen. Um halb Zwölf kam dann noch Kyota nach der Arbeit vorbei, der mir eine kleine Torte mitbrachte, die natürlich nicht lange überlebte und gleich vernascht wurde.



Disney Sea
Zur Feier meines Geburis machten Kyota und ich uns am nächsten Morgen dann auf ins Disney Sea, einen der zwei Disney-Pärke in Tokyo (der zweite wäre Disney Land). Da ich vorher noch nie in einem solchen Themen-Park war, hab ich mich auch ziemlich darauf gefreut und es war wirklich sehr süss hergerichtet. Am späten Nachmittag hatten wir aber sowohl Nemo's Unterwasserwelt sowie auch Indiana Jones' Dschungel gemeistert und machten uns auf den Nachhauseweg, auf dem wir aber noch im Tokyo Dom Freizeitpark einen Zwischenstopp einlegten um von den Abenteuer-Bahnen zu graduieren und auf etwas schnellere Gefährte umzusteigen ^.~




Dienstag, 6. Mai 2008

Alcatraz ER - Horror auf silbernem Tablett

Alcatraz, andern vorallem als die Gefängnis-Insel vor San Francisco bekannt, bezeichnet hier in Tokyo aber auch ein ganz bestimmtes Lokal, in dem Kyota, seine Freunde und ich seinen 20. Geburtstag feierten. Für uns alle das erste Mal, waren wir doch etwas aufgeregt, als wir in den Aufzug zum 4. Stock einstiegen, da von Nah und Fern schon allerlei seltsame Gerüchte über den Laden an unsere Ohren gedrungen waren.
Aus dem Lift hinaus ging's in einen kleinen Vorraum, in dem hinter Gittern 4 Knöpfe, mit A, B, AB und 0 beschriftet, vorzufinden waren. "Um rein zu kommen, drücke auf deine Blutgruppe". Kyota als Geburtstagskind pushte denngleich "B", worauf eine Schiebetür links von uns aufsprang. Wir wurden auch gleich empfangen von einer als Krankenschwester verkleideten Japanerin und an die "Spital-Reception" weitergeleitet. Dort musste Kyota dann einige Angaben machen, z.B. über eventuale leichte Reizbarkeit oder Schreckhaftigkeit, worauf er auch prompt eine Riesenspritze verpasst bekam (die sich aber als Stempel herausstellte). Nachdem sie ihm dann auch Handschellen angelegt hatten, wurden wir vorbei an den anderen Gefängniszellen und Räumen in unser eigenes kleines Zimmer geführt (Reservation sei Dank). Das ganze Lokal war eingerichtet wie eine Art grusliger Gefängnis-Spital, also eine Mischung aus Frankenstein, Silent Hill und The Rock. Die männlichen Angestellten liefen übrigens auch im Hilfsarzt-Kittel herum.
Unser Zimmer stellte sich als "die Leichenkammer" heraus, aus den Wänden schauten Särge mit Füssen und Köpfen drin und auf dem Tisch stand ein grosser, schwarzer Kerzenhalter. Auch die Speisekarte war dementsprechend gestalltet, man bekam nämlich keine Würste, sondern "Därme" und kein Eis, sondern "Gehirn" serviert. Auch Besteck, Teller und Gläser stellten Spitalutensilien dar und sogar die Toiletten waren düster und voller blutiger Handabdrücke an den Wänden.
So assen wir also etwa eine Stunde friedlich vor uns hin, als plötzlich das Licht ausging und ein Alarm losging. Durch's Mikrophon wurde Kyota's Name ausgerufen und schon ein paar Sekungen später standen maskierte Leute mit Knallpistolen bei uns im Raum. In einem Zug schnappten sie sich Kyota und setzten ihn in einen Rollstuhl, der vor unserem Vorhang bereitstand. Nachdem sie ihm die Augen verbunden hatten, schoben sie ihn den Gang zwischen all den anderen Zellen rauf und runter, was natürlich auch die Aufmerksamkeit aller anderen Gäste erregte. In der Mitte dann stehengeblieben, zerrten sie ihn auf den Boden und begannen seinen ganzen Körper mit einem Stetoskop abzutasten. Als sie ihm aber danach die Hosen auszogen und ihm wieder eine Reisen-Stempel-Spritze in den Allerwertesten verpassten, fühlte sich das Geburtstagskind nach eigenen Angaben doch schon etwas überrumplet, spielte das Spiel aber mit. Zum Ende das Spektakels setzten sie ihn wieder in den Rollstuhl und lieferten ihn brav in unserem Raum ab, wo uns dann doch noch etwas feierliche Stimmung über die Aufregung hinweg erwartete, denn das Lokal spendiert allen Geburtstagskindern einen mit Namen versehenem Kuchen und einer Flasche Champagner.

Der Laden ist auf jeden Fall ein toller Ort, um Leute mit der japanischen Kultur zu schockieren. Wer sich aber auf die Maskerade einlässt, kann einen Abend im Alcatraz sicherlich geniessen und wird seinen Spass haben. Stellt sich nur die Frage, ob du an deinem Geburtstag hinwillst oder nicht doch lieber an einem ganz normalen Tag, der "keine Spezialbehandlung" mit sich bringt ^.~


http://r.gnavi.co.jp/g078504/
http://alcatraz.hy-system.com/



Dienstag, 25. März 2008

Rail Trip

Da wegen Ferien weder Uni noch Aufgaben, haben Maru und ich beschlossen durchzustarten auf eine 2-wöchige Reise kreuz-und-querlich durch das Kansai-Gebiet, das auf der Karte etwa oben und unten links von Tokyo zu finden ist. Gefahren sind wir mit einem Ticket namens Seishun 18 Kippu, mit dem wir 5 volle Tage Regionalzug-Flat-Rate einlösen konnten, die zwar verglichen mit den Shinkansen ja schon fast quälend langsam vor sich hin trotten, dafür aber der ganze Spass nur 100.- gekostet hat.
Und so kam es also, dass sich am Morgen des 2. März 2 furchtlose Abenteurerinnen auf die Spuren Marco Polos begaben und bepackt mit Rucksack, DigiCam und PolyGlott Reiseführer aufmachten neue Gefielde zu erforschen...
Teilnehmer Nr. 1: Maru
Teilnehmer Nr. 2: Esther


1. Station - Kanazawa (2. - 4. März)

Schwungvoll und energiegeladen wie immer setzten wir uns gleich einmal 14 Stunden lang in den Zug (mit 9 Umsteigestationen). Naja, wenigstens wissen wir jetzt, wie es aussieht, wenn man von der Ostküste Tokyos quer durchs Land an die Westküste fährt. Spät abends im zu unserer Überraschung verschneiten und kalten Kanazawa dann angekommen, machten wir uns gleich auf in die dortige Youth Hostel und fielen vom vielen Nichts-Tun todmüde in die Better.
Den nächsten Tag verbrachten wir damit, durch Kanazawas alte Gassen zu streifen und begutachteten neben der Schloss-Ruine (城 zum Ersten) und dem Kenroku-Garten auch einen sehr interessanten Ninja-Tempel, den man nur in Führungen ansehen durfte, da die Gefahr, sich an all den versteckten Falltüren und Öffnungen zu verletzen, verirren oder versehentlich aufspiessen zu lassen, einfach zu gross war. Danach schnupperten wir noch ein bisschen vergangenes Japan in einem Viertel voller alter Samurai-Häuser und einem anderen, das auf Geisha-Teehäuser spezialisiert war. Dmit war der Tag auch schon um, wir gönnten uns ein schönes japansches Bad in der Hostel und rannten ab und an nach draussen, um verzweifelt nach Netz für's Handy zu suchen, welches es uns nicht gegönnt war auf unserem Zimmer selbst zu empfangen.





2. Station - Nagoya (4. - 8. März)

Am nächsten Tag ging's dann innerhalb von nur fünf-einhalb Stündchen wieder zurück an die Ostküste in die Hafenstadt Nagoya, die verglichen mit dem doch eher verschlafenen Kanazawa ja schon fast heimische Tokyo-Gefühle in uns erweckte. Ausserdem hausten wir da nicht in irgendeiner Youth Hostel, oh nein, wir residierten im Meiryu Ryokan, einem japanischen Hotel, dessen Zimmer mit Tatami belegt sind, abends im schön heissen Bad entspannt (ZUERST waschen, DANN baden bitte), dann auf Futon geschlafen und morgens herzhaft japanisch gefrühstückt wird (also Reis, Miso-Suppe, Fisch, Wakame und Ei (roh, gerührt oder gebraten, wir haben alles erlebt)).
Am ersten Tag inspizierten wir Nagoya an sich, gingen das Schloss (城 zum Zweiten) besuchen, schauten uns im dortigen Tokugawa-Museum um (wo wir übrigens eine Original-Schriftrolle des Genji Monogatari, dem weltweit ersten Roman, bestaunen durften) und schlenderten dann Richtung Hafen. Dort fanden wir dann das Italian Village, einen Park, der Venedig nachgestellt ist und in dem man natürlich nur Pasta essen und Milano-Glas kaufen kann. Solche Themen-Freizeitparks sind zwar eine weit verbreitete Krankheit, oh, entschuldigt, Ansicht in diesem Land, aber dennoch zogen sich unsere Augenbrauen unweigerlich nach oben, als wir an einer Mini-David-Skulptur vorbei kamen.




Ein weiteres Highlight dieser 2. Etappe war der Ausflug ins Meiji-Dorf (sieh an, noch ein Themen-Park), eine künstlich erstellte Stadt mit teilweise originalen, teilweise nachempfundenen Gebäuden aus einer Zeit, in der sich Japan auf die Modernisierung einliess und daher viele westliche Einflüsse zu spüren waren. So sassen wir an Natsume Sôsekis Haus und schrieben Haiku auf Japanisch ("Auf der Reise, als Vorboten des Frühlings, blühen die Pflaumen"), spielten Doktor in einem Rot-Kreuz-Hospital, betraten seit längerem mal wieder eine Kirche und verpassten natürlich auch nicht die alte Sake-Brauerei. Das Park war unterteilt in 5 Viertel, jedes an sich nur schon von ziemlicher Grösse, und ich denke, ich kann mit Stolz sagen, dass wir kein Haus im ganzen Park ausgelassen haben. Jawohl, wir haben ALLES gesehen, A-L-L-E-S. Ob's an der Sonne lag oder den zurückgelegten Kilometern kann ich bis heute noch nicht sagen, aber auf jedenfall war das Stimmungsbarometer mittlerweile von Begeisterung zu Interesse über Been-There-Seen-That und Müdigkeit zu übertriebenem Gekicher und lächerlichen Gespärchen umgeschlagen.






Nichts desto trotz, bzw. genau deswegen, machten wir uns am späteren Nachmittag dann aber noch auf zu einer weiteren Sehenswürdigkeit, die da wäre Inuyama-Jô, die älteste Burg Japans und erklärter Nationalschatz (城 zum Dritten). Etwas ausserhalb von Nagoya gelgegen und fern ab von jeglichem Tourismus, liegt die Burg etwas erhöht auf einem Hügel und ist integriert in das Gelände eines Shinto-Schreins. Auf bestimmt 80 % steigenden Holztreppen kann man bis in den obersten 5. Stock der Burg gelangen, von wo wir eine schöne Abendstimmung geniessen durften. Schliesslich gingen wir uns noch eine örtliche Brücke mit dem Interesse erweckenden Namen "Rhein Brücke" anschauen (die jedoch in keiner Weise weder mit dem Rhein, noch mit einer Brücke zu vergleichen ist), bevor wir uns dann endlich auf den Nachhauseweg machten.




Gegen Ende unseres Nagoya-Aufenthalts kamen wir dann zum Schluss, dass es nun doch mal Zeit wird für einen Larifari-Tag um unsere strapazierten Beine zu erholen, die Blasen an den Füssen abkühlen zu lassen und dem Gemüt etwas Luft zu machen. Daher bestand unser 7. März überwiegend aus Schlafen, Shopping, Internet Café, Essen und wieder Schlafen - ein guter Tag!

3. Station - Kyoto (8. - 14. März)

Von Nagoya nach Kyoto brauchten wir gerade mal etwas um die 3 Stunden, waren aber dennoch ziemlich im Stress, da wir am selben Abend unserer Ankunft im ca. 30 Minuten entfernten Osaka bei der Mutter eines Freundes einer Freundin (Yuki ^.~) zum Abendessen eingeladen waren. Mama Muramatsu, die selbst schon einmal in der Schweiz war und mir ihre Matterhorn-Fotos natürich nicht vorenthalten hat, hat sich liebevoll um uns gekümmert, wir wurden mit Geschenken überhäuft (so z.B. ein selbst-gemachter Fächer), zu essen gab's natürlich auch reichlich und am Abend wurden wir dann noch auf einen Aussichtsturm eingeladen, von dem aus wir eine wunderschöne Sicht auf das nächtliche Osaka geniessen durften. Nach einem weiteren Tee zuhause bei den Muramatsu, begaben wir uns dann zwar erschöpft, aber in guter Stimmung zurück nach Kyoto ins unsere Bleibe, nämlich das J-Hoppers Guest House Kyoto.





In der Stadt selbst verbrachte ich insgesamt 3 Tage. Den einen streiften wir mit Fips und zwei seiner Freunde, die ähnlich wie Maru und ich auch gerade zu Dritt durchs Land reisten und auch gerade in Kyoto Halt machten, durch Kyoto, schauten uns einige Tempel an und gingen Abends zusammen essen. Einen anderen Tag nahmen dasselbe 5er Grüppchen und meine Komilitonin Simone an einer Frühung durch den Kaiserpalast teil, was sich nicht zuletzt dank unserer charmanten, Englisch(?)- sprechenden Führerin (There is a BIIIIIIIIIG builiding. With doors!) als ziemlich spassig entpuppte. An diesem Abend machten Simone und ich uns nochmals auf den Weg nach Osaka, um dort ein kleines, Schweizer Revival zu feiern. Wir hatten uns nämlich zum Essen verabredet mit Romy, ebenfalls eine Komilitonin, Yuki, die letztes Jahr in der Schweiz einen Austausch gemacht hatte, und Takashi, ein Freund von Yuki, der sie aber in der Schweiz besuchen gekommen ist und wir ihn von dem her kennen. Die Runde war extrem lustig und es war schon ein ziemliches "Das ist es!"-Gefühl, mit Leuten, die man aus der Schweiz her kennt zusammen in Osaka an einem Tisch zu sitzen und zu plaudern.
Den letzten Tag in Kyoto an sich verbrachten Maru und ich dann wieder alleine. Wir liessen es gemütlich angehen und schauten uns in aller Ruhe den Kinkakuji (Goldener Pavillion) und den Ryouanji (Drachen-Stille), einer der berühmtesten Zen-Tempel überhaupt, an.







Von Kyoto aus unternahmen wir 2 Tagesausflüge in verschiedene Städte. Zum einen fuhren wir mit Fips und seinen Freunden nach Osaka, wo wir uns das Aquarium anschauten, in das ich eigentlich schon auf meiner letzten Reise vor zweienhalb Jahren gerne gegangen wäre. In der Mitte des Gebäudes steht wie eine Säule über 5 oder 6 Stockwerke hinweg ein riesiges Becken voller Rochen, Haien und sogar einem ca. 15 m langen Wal. Die Becken zur Aussenwand sind die meisten ebenfalls stockwerkübergreifend, aber dafür der Länge nach unterteilt. Nach sicher 3 Stunden Wasserwelt bestauenen und einigen Mitbringsel aus dem Souvenir-Shop, bestiegen dann noch einige (also Fips und Maru nicht) ein Riesenrad, um ein paar schöne Fotos der Hafengegend zu schiessen, bevor wir uns dann richtung Nanba, das Ausgangsviertel Osakas, aufmachten. Dort wuselten wir etwas zwischen den belebten Strassen herum, assen Takoyaki (für mich ohne Tako, also Tintenfisch), zwinkerten hier und da einem der vielen freilaufenden SOM (Sexy Osaka Man) zu (Osaka ist eine gute Stadt!) und stiegen dann wieder in den Zug richtung Kyoto, will heissen Guest House, will heissen Bett.







Am letzten Tag sind wir im gleichen 5er Grüppchen noch nach Nara gereist, das genau wie Kyoto auch eine Hauptstadt des alten Japans ist. Warum Nara einen Ausflug wert ist, kann man wohl auf den Fotos schnell erkennen: Rehe. Die wild lebenden Tiere haben sich vor allem im hinteren Stadtteil angesiedelt, wo sich auch gleich der um 743 gegründete Todaiji befindet, der bedeutenste Tempel der Stadt und grösstes Holzbauwerk der Welt (obwohl er nur noch 1/3 so gross ist wie früher einmal). So haben wir also einen ganzen Tag damit zugebracht, die Tiere mit speziellen Reh-Senbei zu zeukeln, ah, sorry, zu füttern (die Viehcher können ganz schon hartnäckig sein), durch die Tempel-Anlagen zu streunen (wo wir auf einen Ziegel des Todaiji einen gemeinsamen Wunsch schrieben, natürlich ganz legal), Souvenirs zu kaufen (wichtig! Der Japaner von heute macht sich über JEDEN Souvenir-Shop her! Am besten gleich nach der Ankunft, dann ist das auch schon erledigt) und natürlich zu essen (Wenn du das Essen einer Gegend einvernimmst, wirst du Teil davon!).





4. Station - Hiroshima (14. - 17. März)

Der letzte Stopp! Nach weiteren 6 Stunden Zugfahrt quer durchs Mittelland erreichten wir Hiroshima, in der nicht wie üblich eine U-Bahn die Leute durch die Gegend kutschiert, sondern eine sympathische Strassenbahn deutscher Herstellung.
Hier hatten wir zwei volle Tage zur Verfügung. Den einen verbrachten wir in der Stadt selbst, trieben uns aber vor allem in der Gegend des Atombomben-Museum herum, in welchem ich aber schon vor 2 Jahren drin war und deswegen nicht nochmals rein ging, da es doch ziemlich schwere Kost ist. Den Atombomben Dom, die einzige übrigbleibende Ruine nach dem Anschlag, schauten wir uns aber an, genauso wie das Gedenk-Grab und die 1000 Papierkraniche, die Schulkinder für die Opfer gefaltet hatten.




Am anderen Tag unternahmen wir mit der Fähre einen Ausflug auf Miyajima, eine Insel vor dem Hafen Hiroshimas. Berühmt ist sie für den Ikutsushima-Schrein, der bei Flut vollkommen im Wasser steht, und das "Schwimmende Torii", ein rotes Shinto-Tor im Meer. Als "Insel der Schreine" darf auf ihr ausserdem niemand begraben werden. Und auch Miyajima wird von frei laufenden Rehen bevölkert und ich muss sagen, dass sie mir irgendwie sympathischer erschienen als die in Nara^^°
Nachdem wir uns durch die Futterstände und Souvenir-Shops gearbeitet und den Tempel besichtigt hatten, schrie das schöne Wetter förmlich nach Sonnenbaden. Kurzerhand setzten wir uns also auf einer kleinen Klippe zwischen Schrein und Torii an den Wegrand, genossen die Sonne und sahen der Flut zu, die sich immer mehr bemerkbar machte. Schliesslich wurden dann auch noch Schuhe ausgezogen, Hosen raufgekrempelt und durchs Meer gewaatet; natürlich nicht ohne ein paar coole Fotos vor dem Torii zu schiessen und dabei von allen anderen Touristen (=80% Japaner selber) beglotzt zu werden. Nachdem wir uns auf dem Rückweg zur Fähre dann noch mit absolut obercoolen Poser-Sonnenbrillen eingedeckt hatten (zwar etwas spät, aber hey, immerhin), ging's mit der Fähre wieder aufs Festland, erm, falsch, Honshû halt, die grösste Insel Japans.







Rückfahrt nach Hause
Unser Nachhauseweg langweilig und zugleich spektakulär. Im Hiroshima Guest House reisten wir morgens um 08.00 Uhr ab, am heimischen Bahnhof in Tama kamen wir etwa genau um Mitternacht an. Umgestiegen sind wir etwa 12 mal, lusterweise aber immer an Bahnhöfen, auf denen wir zuvor schon mind. 1 mal waren. Wie dem auch sei, Maru und ich sind jetzt waschechte Zugprofis und lachen jedem ins Gesicht, der meint, 2 Stunden Zug fahren lohne sich für einen Tagesausflug nicht. Ausserdem haben wir uns die ur-japanischste aller Verhaltensarten angeeignet, das In-Der-Sekunde-In-Der-Ich-Im-Zug-Absitz-Einschlaf-
Und-Wenn-Kein-Sitz-Frei-Ist-Tu-Ichs-Auch-Im-Stehen-Syndrom (kurz IDSIDIIZAEUWKSFITIAISS).





Interesting Facts:
- Ings. Reisezeit: 42 h 40 min
- Im Zug verbrachte Zeit: 36 h 10 min
- Anzahl Umsteigen: 28 x
- Zurückgelegte Strecke: 2327.6 km

Während dieser zwei Wochen haben wir sehr Vieles gesehen und erlebt und es war wirklich eine tolle Zeit. Ausserdem sind ja sowohl Maru als auch ich Japanwissenschaftlerinnen, weswegen auch Besuche in Museen gut möglich waren und Begeisterung geteilt werden konnte.
Von dem her also: Immer wieder gerne!