Dienstag, 25. März 2008

Februar-Geplapper



Hallihallo alle zusammen, aus weiter Ferne und seit laaaanger, laaaanger Zeit meldet sich eure Schweizerin in Exil mal wieder zu Wort. Viel ist passiert, einiges habe ich gesehen und über gewisse Dinge bin ich mir noch nicht ganz im Klaren, ob ich sie wirklich erlebt hab oder nicht, aber hey, ihr wisst ja, wie das so ist mit dem Kulturaustausch.
Also, um meine sorgsam aufgearbeitete Blog-Chronologie auch aufrecht zu erhalten, starte ich als Anfang mit dem Ende des letzten Eintrags!

Schneeballschlacht
Während ich dank dem technischen Fortschrtitt der modernen Telekomunikation (auch Skype genannt) aus dem Heimatländle tüchtig Kunde von schon fast tropischen Temperaturen trotz februar'schen Sterngebilde gekriegt habe, froren mir in meinem kleinen, nach japanischen Werten konstruierten und daher saukaulten Zimmerchen immer noch fast die Füsse am Boden fest, sobald man aus der Badewanne gestiegen kam. Ausserdem machte sich langsam eine unbeschreibbare innere Unruhe in mir breit, lag doch draussen verlockender Schnee rum, während sich um mein einsames und kläglich im Stich gelassenes Snowboard zuhause in der Garage wohl schon die Spinnweben ansammeln mussten. Diesem Frust konnte ich dann aber freien Lauf lassen, und zwar in einem erbitterten Massenschneeballschlachtmarathon, der sich unter den Austauschstudenten im Laufe eines vorher ruhigen Abends gebildetet hatte. Auf dem Sportplatz vor dem Studentenheim wurden Allianzen gegründet, Freundschaften betrogen, Strategien ausgetüftelt, Verschwörungen gegen die Italiener geplant, Ehren verteidigt und bis aufs Blut, bzw. den Dreck unter dem Schnee, gekämpft - 2 Stunden lang. Nachdem dann aber auch noch das letzte Fleckchen jeglicher Unterwäsche durchnässt war, kapitulierte die germanische Fraktion und zog sich ins Heim unter die Dusche zurück. Am nächsten Tag waren dann von dem Massaker nur noch vereinzelte, halb vor hin geschmolzene Überreste von Schneemännern und -frauen übrig und die Legende der durchgedrehten Ausländer im Schnee fand ihren Weg durch ganz Tokyo. Und dann die Welt. Ihr habt doch sicher auch schon davon gehört, oder?!




Yo ni mo Kimyou na Monogatari
Ein paar Tage später eröffnete sich meiner Welt ein ganz neuer Horizont: japanisches HomeTV! Von eben derselben Tutorin, die schon für die Tragödie des Weihnachtstheaters verantwortlich war, wurde ein weiteres Unternehmen geplant, das da wäre: ein Auftritt in einer japanischen Sendung! Es handelte sich dabei um "Yo ni mo kimyou na Monogatari", eine sehr beliebte Sendung, die jedes Jahr etwa 2 mal ausgestrahlt wird und vielleicht mit unserem X-Factor vergleichbar ist. In den gruseligen Kurzgeschichten spielt aber immer ein hiesiger Celebrity die Hauptrolle. Nun waren für eine dieser Episoden viele Ausländer von Nöten (das Setting war die Nobel-Preis-Verleihung in Schweden) und da der Drehbuchautor ein Freund unserer Tutorin war, bat er sie, soviele Austauschstudenten wie möglich dafür aufzutreiben. Das stellte sich dann aber als ziemlich problematisch heraus, denn wir alle waren inmitten der Prüfungswochen und der Dreh nahm einen ganzen Nachmittag, wertvolle Lernzeit für unsereins, in Anspruch. Auch bei mir stand am Tag darauf zwar eine Grammatik-Prüfung an, aber natrülich konnte ich zu ihrem gekonnt angewandten Hundeblick nicht nein sagen... Naja, stimmt nicht ganz, Hauptargument war eingentlich der Hauptdarsteller unserer Geschichte, der da kein anderer war als Itoh Hideaki, den ich schon anfangs meiner steilen Japanische-HighSociety-Karriere in Dramas wie Yasha oder Umizaru angehimmelt habe.
Wie dem auch sei, es kam jedefalls dazu, dass ich mich eines schönen Mittags zusammen mit 14 anderen Ausländern aufmachte zu einem Movieset. Dort angekommen, bekamen wir sogar einen richtigen Umkleideraum mit beleuteten Spiegeln, wie man's sonst aus den Filmen kennt. Über die Kostüme, die von der FilmCrew zur Verfügung gestellt worden waren, möchte ich mich hier aber nicht weiter äussern, denn weisse Prinzesschenrüschchenkleider sind nun wirklich nicht etwas, dass ich sonst freiwillig anziehen würde. Eigentlich würde ich es auch unter Zwang nie wieder anziehen. Aber eben, man hat sich von der Welle mittreiben lassen...
Am Set an sich war es sehr interessant, mal den Profis zuzusehen, wie die Dinge so gemeistert werden. Mein Part an der ganzen Sache war ein Dialog zwischen einem auf einem Balkon sitzenden Ehepaar, während der Hauptdarsteller auf die Bühne gerufen wurde. Mit schweizerischem Akzent musste ich ein "Honey, do you know that person?" zum Besten geben, worauf in einem unverkennbar spanischen Akzent ein "I don't know. Who is he?" zurückkam.
Da meine Rolle danach auch schon erledigt war, konnte ich es mir in der Mitte der Aula gemütlich machen und Itoh Hideaki und sein Film-Team bei der Arbeit stalken, oh, ich meinte beobachten, bis abends um 6 dann auch der letzte Take aufgenommen war.
Der Anfang eines neuen Sterns im japanischen Fernseh-Himmel?!!^.~







Okonomiyaki Essen

Ende Monat kam dann Martin, der Bruder meiner Nachbarin Julia, zu Besuch, also trieben wir uns ein bisschen gemeinsam in der Stadt rum, sahen uns meine Lieblinge, dir tanzenden Elvisse, an und gingen dann Okonomiyaki essen, ein sehr beliebtes Gericht in Japan und etwa als Pizza aus Kohl und Teig, garniert mit Speck, Mayonnaise und Okonomiyaki-Sauce anzusehen. Während dem Essen lernten wir dann noch die drei netten, älteren Herren vom Nebentisch kennen, die allen Frauen unseres Tisches ein Bier ausgaben und uns noch Takoyaki, eine weitere Spezialität, spendierten. Mit 3 Visitenkarten und 2 Jobangeboten verliessen wir das Lokal dann richtung Karaoke, wovon sich Julia und Martin zwar gekonnt drückten, dafür aber noch einige japanische Freunde zu uns stiessen.






Nikko
Eine Woche später ging's dann auf einen weiteren Trip, nämlich nach Nikko, ein Bergstädtchen mit dem Zug ca. 3 Stunden weg und bekannt für seine Schreine und Tempel, die allesamt als Weltkulturerbe gelten. Dort angekommen eröffnete sich mir erstaunlicherweise ein ziemlich vertrauter Anblick, denn Nikko hat mich mit seinen Bergen im Hintergrund und dem Schnee, der noch lag, und der sauberen Luft stark an ein Schweizer Bergdorf erinnert.
Maru, Julia und ich trieben uns hauptsächlich in den Tempelbezirken herum, während bei Martin der Berg rief und er sich von uns trennte, um die dortigen Höhen zu besteigen (auf denen übrigens wilde Affen leben). Appropos Affen, aus Nikko kommen übrigens die 3 Affen, bei denen sich der eine die Ohren zu hält (um nichts Böses zu hören), der Mittlere den Mund (um nichts Böses zu sagen) und der Letzte die Augen (um nichts Böses, na was wohl? genau, hören). Der Holzschnitt ist Teil eines ganzen Bildes, das den Werdegang des Menschen von Kind bis Alter beschreibt und bezeichnet die Abschnitt, wie das Kind erzogen werden sollte.
Abends wurde es dann aber ziemlich kalt; ausserdem stand uns ein langer Heimweg bevor, weswegen wir uns schon um 5 Uhr wieder in den Zug nach Hause stiegen.









Yokohama
Ganz am Schluss des Monats gab's dann noch ein weiteres HighLight, nämlich das Treffen mit Kyota, einem Jungen, mit dem ich schon vor meinem Aufenthalt hier in Japan Kontakt hatte (Hint 1). Als geborener Tokyoter und Yokohama-Liebhaber führte er mich einen Tag lang zu allen HotSpots Yokohamas. Angefangen haben wir im China-Town, wo wir chinesische Spezialitäten verspachtelten und uns dann einen chinesischen Templ ansahen. Weiter gings einen Hügel hoch, wo es nicht nur einen wunderschönen Überblick auf Yokohama und die Hafengegend gab, sondern auch einen der wenigen, wenn nicht einzigen, Ausländer-Friedhöfe Tokyos. Natürlich gab's da ein Gruppenfoto (Hint 2) mit Peace-Zeichen, welches ich mir übrigens schon wunderschön angewöhnt habe und anwende, sobald eine Kamera sich hebt.
Nach dem Abstieg ging's dann am Meer entlang durch den Yamashita-Park, angesagter Treffpunkt nicht nur für LiveBands, sondern auch Dates (Hint 3). Als sich dann der Magen langsam zu Wort meldete, machten wir uns auf ins Yokohama Ramen Museum (Ramen ist Japanisch für Nudelsuppe). Dieses war eingerichtet wie ein Stadtviertel von vor 50 Jahren, selbst alte Filmplakate und Telefone waren aufgestellt und man fühlte sich wirklich in die Zeit zurückversetzt. Nach genauer Inspektion der Umgebung setzten wir uns dann in eines der zahlreichen Ramen-Restaurants und liessen es uns schmecken.





Damit war der Abend dann auch zu Ende, Kyota brachte mich noch gesund und munter nach Hause (Hint 4) und 2 Tage danach gings dann los auf Maru's und meine grosse Reise, von der ich im nächsten Post berichten werde!

1 Kommentar:

uhr felben hat gesagt…

Hallo Esther
Schön endlich wieder mal von Dir zu hören. Danke für deine Ansichtskarte. Gestern war Claudia bei uns zu Besuch und brachte den Kindern süsse Osterhasen Made by "Fischer's". Wir redeten so über dies und das und natürlich auch über dich. So freuten wir uns sehr, als wir am Abend deine Seite besuchten und tatsächlich ein neuer Eintrag über deine Erlebnisse zu lesen war. Wir freuen uns schon über deinen nächsten Bericht von deiner Reise und erfahren dann vielleicht auch den Namen dessen, welcher die Schmetterlinge in deinem Bauch zum fliegen bringt. (Trägt er auch eine Handtasche?) Mach's gut und pass auf dich auf. Liebe Grüsse aus Felben.